Was ist die Veränderungskurve – und wie nützt sie dir als Führungskraft und deinem Team?

Die Veränderungskurve ist ein Modell, das die emotionalen Reaktionen von Menschen in Veränderungsprozessen greifbarer macht.

Wenn du als Führungskraft in deinem Team Veränderungen umsetzen willst, kann die Veränderungskurve für dich sehr nützlich sein – denn vielleicht hast du das hier schon mal erlebt: Du hast eine Veränderung angekündigt und dich anschließend gewundert, dass deine Mitarbeitenden nicht sofort „Hurra!“ geschrien haben?

Ein wenig später hast du angefangen dich zu ärgern, dass sie immer noch diskutieren wollen und so ein großes Ding aus dieser Veränderung machen, statt einfach aus dem Quark zu kommen und umzusetzen? Und noch ein bisschen später warst du echt genervt und richtig sauer auf dein Team, weil du das Gefühl hattest, dass sie absichtlich blockieren und dir das Leben schwer machen wollen?

Glückwunsch – dann warst du schon mittendrin in den Dynamiken der Veränderungskurve. Aber wahrscheinlich, ohne es zu wissen.

Was ist die Veränderungskurve?


Die Veränderungskurve beschreibt die emotionale Achterbahn, die Menschen in Veränderungssituationen durchleben. Die verschiedenen Reaktionen lassen sich vor allem dann beobachten, wenn den Betroffenen die Veränderung „übergestülpt“ wird und sie selbst nur wenig mitentscheiden können – wie zum Beispiel Mitarbeitende bei einer Umstrukturierung.

Der Ursprung: die Trauerkurve von Elisabeth Kübler Ross


Die Ursprünge der Veränderungskurve gehen zurück auf Elisabeth Kübler Ross. Sie hat in ihrer „Trauerkurve“ den emotionalen Prozess beschrieben, den Patienten durchlaufen, wenn sie eine tödliche Diagnose erhalten:

1. Nicht-wahrhaben-wollen
2. Zorn
3. Verhandeln
4. Depression & Leid
5. Annahme.

Die Veränderungskurve aus Sicht von Mitarbeitenden in Unternehmen


In etwas abgewandelter Form hielt diese Kurve dann auch Einzug in Unternehmen: denn die Emotionen, die Mitarbeitende durchleben, wenn z.B. ihre Abteilung umstrukturiert wird, sind denen der Trauerkurve ganz ähnlich. Deshalb wird die Veränderungskurve von Change Managern häufig genutzt, um in Veränderungsprozessen mit den Betroffenen zu arbeiten.

Aus eigener Erfahrung weiß ich, dass die Emotionen nicht unbedingt immer ganz linear diesem Modell folgen. Manchmal fühlt es sich in so einem Veränderungsprozess eher an, wie im Schleudergang einer Waschmaschine. Aber dennoch finde ich das Modell zur Orientierung sehr hilfreich. Denn es zeigt, welche Emotionen grundsätzlich auftauchen – und dass die alle ganz normal sind. Und dass die deshalb auch alle im persönlichen Veränderungsprozess ihren Platz haben dürfen.

Die Phasen der Veränderungskurve

1. Schock: „Das kann ja wohl nicht wahr sein!“


Selbst wenn sich die Veränderung am Horizont schon abgezeichnet hat und bereits diverse Gerüchte durch die Flure wabern – sobald wirklich klar ist, was sich verändert und wann, sind viele erst einmal geschockt. Denn jetzt ist es Realität und nicht nur eine vage Vorahnung ganz weit weg.

2. Ablehnung: „Das lass ich mir nicht bieten!“


Das menschliche Gehirn ist nicht gerade ein Fan von Veränderungen. Es liebt Routine und Vorhersehbarkeit – und nimmt Veränderung erst mal als Bedrohung wahr. Deshalb folgt nach dem ersten Schock eine heftige Ablehnung: die Betroffenen wollen es nicht wahrhaben. Sie haben viele Argumente parat, warum die Veränderung keine gute Idee ist. Sie suchen nach einem Ausweg, um die Veränderung abzubiegen.


3. Frustration und Krise: Das Tal der Tränen


Wenn klar wird, dass sich die Veränderung nicht abschütteln lässt, folgt der emotionale Tiefpunkt – oft auch das Tal der Tränen genannt. In dieser Phase erleben die Betroffenen einen bunt gemischten Emotions-Cocktail der von Frust, über Wut, Enttäuschung, Trauer, Hilflosigkeit bis hin zu Rachegelüsten geht.

4. Erste Akzeptanz und Ausprobieren: „Na gut – dann schauen wir halt mal“


Nach dem Tiefpunkt erfolgen dann erste zarte Schritte in Richtung rationale Akzeptanz. Den Betroffenen wird klar, dass sie irgendwie mit der neuen Situation klarkommen müssen. Sie erkunden die neuen Rahmenbedingungen. Sie überreden sich selbst dazu, nicht alles doof zu finden. Sie probieren das ein oder andere aus. Und erleben dabei die ein oder andere positive Überraschung. Oft kommen dann erste Erkenntnisse wie „Eigentlich hat es ja sogar was Gutes…“.

5. Integration: „Eigentlich gar nicht so schlecht“


Nach den ersten positiven Erfahrungen stellt sich dann irgendwann auch die emotionale Akzeptanz der neuen Situation ein. Die Veränderung wird „das neue Normal“. Neue Routinen und Gewohnheiten entstehen. Neue Beziehungen wachsen. Und irgendwann ist das Neue ganz normaler Alltag, und das „Vorher“ rückt oft in weite Ferne.


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Wie die Veränderungskurve Mitarbeitenden nützt


Aus eigener Erfahrung kann ich sagen: ich finde die Veränderungskurve als Betroffene extrem hilfreich. Jeder, der von einer Veränderung im Unternehmen betroffen ist, sollte die Veränderungskurve kennen! Als ich selbst vor vielen Jahren von einer Umstrukturierung betroffen war, kannte ich sie nämlich noch nicht. Und ich kann sagen: das war ein ziemliches Sch…-Gefühl.

Die Veränderungskurve hilft Mitarbeitenden, ihre Reaktionen besser einzuordnen


Mitarbeitende, die die Veränderungskurve kennen, tun sich leichter mit der Veränderungssituation: sie verstehen, dass das, was sie da gerade erleben, normal ist. Und sie können abschätzen, was da voraussichtlich emotional noch auf sie zukommt.

Im echten Leben fühlt sich die Veränderungskurve oft eher an wie der Schleudergang einer Waschmaschine: die Emotionen wirbeln wild durcheinander. Am einen Tag denkt man, man ist schon auf dem Weg zur Akzeptanz. Und dann wirft es einen doch wieder zurück in die Wutphase oder ins Tal der Tränen. Deshalb gibt es auch viele Kritiker dieses Modells, die sagen, es sei nicht valide und nicht wissenschaftlich fundiert. Ich finde, erlaubt ist was hilft: und ich finde das Modell der Veränderungskurve enorm hilfreich für Betroffene.

Die Veränderungskurve macht Emotionen besprechbar


Auch wenn die Kurve vielleicht nicht exakt nach den beschriebenen Phasen verläuft: die Veränderungskurve macht den Blumenstrauß an Emotionen besprechbar, die zweifellos in Changeprozessen aufkommen. Sie gibt den Betroffenen das gute Gefühl, dass es nicht um schwammige, individuelle Befindlichkeiten geht. Sondern offensichtlich um einen emotionalen Prozess, mit dem unser Gehirn versucht, mit der Situation klarzukommen.

Die Veränderungskurve gibt Betroffenen das gute Gefühl, normal zu sein


Aus eigener Erfahrung weiß ich, dass einem so eine Veränderungsankündigung den Boden unter den Füßen wegziehen kann. Gestern noch hochmotivierte Performerin. Heute wie gelähmt und unfähig, einen klaren Gedanken zu fassen oder irgendetwas Produktives zu tun.

Zu wissen, dass das in Veränderungssituationen normal ist, hilft Betroffenen enorm. Und zu wissen, dass es einfach eine gewisse Zeit braucht (und brauchen darf!), so eine Veränderung zu verarbeiten, erleichtert auch enorm. Der Ausblick, dass es dann irgendwann auch wieder besser wird, ist auch sehr ermutigend. Auch wenn Betroffene das oft nicht ganz glauben können, wenn sie mittendrin stecken in der Achterbahn der Veränderungskurve.

Wie die Veränderungskurve dir als Führungskraft nützt


Als Führungskraft in einem Veränderungsprozess bekommst du die Emotionen und Reaktionen deiner Mitarbeitenden an vorderster Front und mit voller Breitseite ab. Du wirst mit dem ganzen Potpourri von Wut, Frust, Trauer, in-Frage-stellen, verhandeln, Trotz, Rückzug und vielem mehr konfrontiert werden.

Die Veränderungskurve kann dir dabei enorm nützlich sein:

Du weißt, was auf dich zukommt


Du kannst dich mental darauf einstellen, wie deine Mitarbeitenden reagieren werden und wirst nicht komplett überrumpelt. Du kannst dir schon vorab überlegen, wie du reagieren willst und was du sagst oder besser nicht sagst.

Du nimmst es nicht persönlich


Es ist ein beruhigendes Gefühl zu verstehen, dass diese Reaktionen ganz normal sind und nicht gegen dich persönlich gerichtet sind. Gerade in der Schock- und Ablehnungsphase geht es emotional oft hoch her und als direkte Führungskraft bist du die ideale Zielscheibe für all die Wutausbrüche, Frustattacken und kühnen Androhungen wie „…na gut, dann lass ich halt den Karren an die Wand fahren“.

Du kannst gezielt unterstützen


Du erkennst, in welcher Phase deine Mitarbeitenden gerade stecken und kannst genau das tun, was es jetzt braucht. In der Schockphase ist es zum Beispiel wichtig zu akzeptieren, dass deine Mitarbeitenden erst einmal Zeit zum Verdauen brauchen und vielleicht gerade nicht reden wollen. In der Ablehnungsphase sind Gespräche enorm wichtig, um die Sorgen und Ängste zu verstehen und offene Fragen zu klären.

Du machst die Situation nicht unabsichtlich schlimmer


Ein unbedachter Kommentar oder eine unangebrachte Reaktion zur falschen Zeit kann dich enorm viel Vertrauen kosten. Die Veränderungskurve hilft dir, besser zu verstehen, wie es deinen Mitarbeitenden gerade geht. Und du überlegst vielleicht zweimal, ob ein „Jetzt stell dich mal nicht so an – ist doch alles nicht so schlimm“ angebracht ist, oder nicht.     

Du kannst mit deinem Team Emotionen besprechbar machen


Über Gefühle zu reden ist Vielen am Arbeitsplatz immer noch ein Graus. Dabei ist das völliger Quatsch. Denn die Gefühle sind nun mal da – auch wenn nicht darüber geredet wird. Und wenn nicht drüber geredet wird, äußern sie sich oft auf ganz andere Art und Weise und schlagen sich negativ auf die Produktivität nieder. Mit der Veränderungskurve hast du ein Modell an der Hand, mit dem du die Emotionen leichter besprechbar machen kannst. Und was erst einmal ausgesprochen ist, kann auch leichter bearbeitet werden.

Du weißt, wann du Geduld brauchst, und wann du Gas geben kannst


Als Führungskraft solltest du immer dran denken, dass du deinen Mitarbeitenden auf der Veränderungskurve einige Schritte voraus bist: Du beschäftigst dich schon viel länger mit dem Thema. Für dich liegen die Gründe für die Veränderung auf der Hand. Und wahrscheinlich bist du schon voll motiviert, um die Pläne in die Tat umzusetzen.

Bei deinen Mitarbeitenden sieht das ein bisschen anders aus. Deshalb ist Geduld vor allem am Anfang von Veränderungsprozessen eine besonders wichtige Tugend für Führungskräfte! Auch wenn es schwer fällt…

Die emotionalen Phasen der Kurve lassen sich leider nicht überspringen. Aber wenn du dein Team gut begleitest, kannst du die Tiefen der Kurve deutlich abmildern und den emotionalen Durchhänger auch zeitlich verkürzen. Das spart Zeit und Nerven. Und trägt dazu bei, dass dein Team auch in Veränderungssituationen einigermaßen produktiv bleiben kann.

Der erste Schritt, um einen Veränderungsprozess gut zu gestalten, ist die Ankündigung der Veränderung. Sie entscheidet darüber, ob du Vertrauen gewinnst – und der Prozess deutlich leichter für alle wird. Oder ob du Porzellan zerschlägst – und im Nachgang viel Arbeit notwendig ist, um die Scherben wieder zusammen zu kehren.

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