Wann hattest du zuletzt eine Situation, in der dein Team dir nicht so ohne weiteres gefolgt ist? Vielleicht hast du eine Veränderung angekündigt und hast in zweifelnde, zögerliche Gesichter geschaut, obwohl du ein freudiges „Hurra“ erwartet hättest? Oder du hast ein sehr bestimmtes „Das geht nicht!“ gehört – und konntest gar nicht verstehen, warum?
Vielleicht hat deinem Team in der Situation bloß ein Harscheisen gefehlt – wie mir bei einer meiner Skitouren im vergangenen Winter. Was genau ein Harscheisen mit Führen in Veränderung zu tun hat und warum es den entscheidenden Unterschied machen kann, erzähl ich dir in dieser kleinen Geschichte. (Falls du dich fragst was ein Harscheisen ist: das sind kleine Metallteile mit Krallen dran, die beim Skitouren gehen an eisigen Hängen Halt geben).
Neulich war ich mal wieder auf Skitour. Es war ein Traumtag: Die Sonne schien, der Schnee glitzerte, der Himmel war blau und fast wolkenlos. Es waren nur wenig andere Tourengeher unterwegs – Bedingungen, die mir automatisch ein sehr breites Lächeln ins Gesicht zaubern. Und so ging ich gut gelaunt, Schritt um Schritt Richtung Gipfel.
Doch dann kam ich an diese eine Stelle.
Vor einigen Wochen hatte ich genau an dieser Stelle einen kleinen Panikanfall. Ich neige eigentlich gar nicht zu so was. Aber an dieser Stelle hatte ich das zum ersten Mal erlebt. Was war passiert?
Schlechte Erfahrungen hinterlassen ihre Spuren
Dazu müssen wir noch ein Stückchen weiter zurückgehen: vor dem besagten Panikanfall-Tag war ich schon einmal an diesem Hang unterwegs. Der Tag war nicht ganz so perfekt. Es war kalt und windig. Und der Hang ziemlich abgeblasen und eisig. Und genau an dieser einen Stelle, wo der Hang etwas steiler und schmaler wird, bin ich an jenem Tag weggerutscht und ziemlich unglücklich gestürzt.
Mir ist nichts Schlimmes passiert – aber ich hab mich von jetzt auf gleich ziemlich hilflos und ausgeliefert gefühlt. Ich hab versucht, mich wieder aufzurappeln. Aber das hat nicht so recht geklappt – weil ich einfach keinen Halt gefunden habe und immer wieder weggerutscht bin.
Als ich es dann irgendwann doch geschafft hatte, war ich für den Rest des steilen Stücks total angespannt und hab mich völlig verkrampft weiter bewegt. Ich wollte um alles in der Welt nicht noch mal wegrutschen.
Da ich meinen Ski nicht mehr vertraute, hab ich mich umso stärker auf die Stöcke gestützt, um Halt zu haben. Was jeden Schritt zu einer kräftezehrenden Wackelpartie machte. Ich war gottfroh, als ich die Passage hinter mir hatte und den restlichen Weg zum Gipfel einigermaßen normal hinter mich bringen konnte.
Plötzlich stehen da Hindernisse, die andere gar nicht sehen
Zurück zum Panik-Anfall-Tag. Ich war also wieder an besagtem Hang unterwegs und kam wieder zu der kniffligen Stelle. Es war eigentlich ein recht schöner Tag – denn ich erinnere mich noch sehr genau, wie der Schnee vor mir in der Sonne blau funkelte.
Aber dieses Funkeln wirkte auf mich so bedrohlich, als stünde da der Höllenhund persönlich mit gefletschten Zähnen vor mir. Ich hatte total Schiss. Richtiggehend Panik. Ich konnte keinen Schritt mehr gehen. Es war einfach unmöglich. Ich stand wimmernd an dieser Stelle und hab mich nur verzweifelt „Ich kann nicht! Ich kann einfach nicht!“ sagen hören.
Dabei waren die Verhältnisse objektiv gesehen überhaupt nicht schlimm: es gingen reihenweise Tourengeher an mir und an dieser Stelle vorbei – ohne mit der Wimper zu zucken. Und auch mein Begleiter war schon voraus gegangen und viele Meter weiter oben am Berg.
Nachdem der erkannt hatte, was bei mir los war rief er mir emutigend zu: „Das schaffst du – geh einfach ganz vorsichtig. Du brauchst keine Angst haben. Es ist nur ein kurzes Stück. Und gar nicht so schlimm.“
Das half mir kein bisschen. Für mich WAR es schlimm. Und für mich war klar, dass ich es NICHT schaffen würde. Weil ich einfach keinen einzigen Schritt weiter gehen konnte. Unmöglich. Ich war völlig blockiert und in Panik.
Umkehren? Ausharren? Oder einen Umweg gehen?
Ich habe mich schließlich entschieden, meine Ski abzuschnallen und zu Fuß weiter zu gehen. Direkt am Waldrand entlang und mit Skistiefeln, die man mit den Spitzen ordentlich in den Schnee rammen kann, fühlte ich mich irgendwie sicherer. Netterweise kam mir mein Begleiter entgegen und hat mir meine Ski abgenommen, so dass ich mich ganz aufs Hochkraxeln konzentrieren konnte.
Ich hab mich den Berg hochgekämpft. Immer noch ziemlich aufgewühlt und ängstlich. Aber immerhin mit festerem Boden unter den Füßen. Kein schönes Erlebnis – auch wenn es noch mal gut ausging und ich letztlich doch am Gipfel ankam.
Ein kleiner Sicherheitsimpuls kann alles verändern
Das war also der Paniktag. Die Erinnerung an dieses Erlebnis hat dafür gesorgt, dass ich beim nächsten Mal an genau dieser Stelle wieder einen Stopp eingelegt habe und mit Respekt auf das steile Stück geschaut habe. Diesmal war ich aber vorbereitet: ich hatte Harscheisen dabei. (Kleine Metallspangen mit Zacken dran, die man in die Bindung einhängt, und die sich in Schnee und Eis krallen). Die hab ich dann kurzerhand angelegt – obwohl es objektiv gar nicht nötig gewesen wäre. Vor mir sind genügend andere Tourengeher ganz entspannt ohne Harscheisen das besagte Stück Hang hoch gegangen.
Egal. Ich hab die Dinger einfach für meine Sicherheit gebraucht. Und es war ein Unterschied wie Tag und Nacht. Ich bin völlig angstfrei das steile Stück hochgegangen. Weil ich wusste: ich bin sicher, ich habe Halt. Ich kann mich auf die Teile verlassen und werde garantiert nicht wegrutschen.
Das war ein sehr beruhigendes und sogar beflügelndes Gefühl. Ich ging mit erhobenem Haupt und (nachdem ich gemerkt hatte, wie gut die Harscheisen halten) sogar mit einem kleinen Lächeln den Hang hoch. Plötzlich war ich jemand, der ganz unbeschwert und unverkrampft den Berg raufgeht – statt panisch vor dem steilen Stück zu kapitulieren.
Und der einzige Grund für die Metamorphose war, dass ich jetzt diese zwei Metallteile mit Zacken an meinen Ski hatte.
Was ich von meinen Harscheisen über Führen in Veränderung gelernt habe
Was hat diese Geschichte jetzt mit Führen in Veränderung zu tun?
In deinem Alltag als Führungskraft hattest du bestimmt auch schon Situationen, in denen dein Team – oder einzelne Teammitglieder – „nicht mitgehen“ wollten. Vielleicht hast du es als Zögern oder Aussitzen erlebt. Vielleicht hast du aber auch handfesten Gegenwind oder „Widerstand“ zu spüren bekommen. In Veränderungssituationen kommt das häufig vor. Und auch, wenn du außergewöhnliche Ideen umsetzen möchtest.
Mein Skitour-Erlebnis hat mir diese 4 Punkte verdeutlicht:
1. Wovor wir Respekt oder Angst haben, ist höchst individuell
Manchmal haben Mitarbeitende in Veränderungssituationen einfach Angst oder gehörigen Respekt vor dem, was da auf sie zukommt. Für Aussenstehende (und Führungskräfte) erscheinen diese Ängste oft irrational. Aber wovor jemand Angst oder Respekt hat, ist höchst individuell. Das hängt mit den Erfahrungen zusammen, die jemand gemacht habt.
Es kommt also nicht darauf an, wie du als Führungskraft die Situation beurteilst. Entscheidend ist, wie deine Mitarbeitenden sie erleben. Versuche daher, die Reaktionen einfach nur aufzunehmen, ohne sie zu beurteilen. Und versuche herauszufinden, was genau dahinter steckt.
2. „Du brauchst keine Angst zu haben“ ist gut gemeint – aber völlig nutzlos
Ein Satz wie „Du schaffst das!“ oder „Du brauchst keine Angst zu haben“ ist gut gemeint. Hilft aber in dem Moment leider gar nicht. Ich hatte verdammte Angst. Und zwar so viel davon, dass ich total blockiert war und keinen Schritt weiter gehen wollte. Was in so einer Situation eher hilft: die Mitarbeitenden buchstäblich an der Hand nehmen. Bei den ersten Schritten in der neuen Situation unterstützen. Eine alternative Route aufzeigen, wenn der direkte Weg zu schwierig erscheint. Oder „die Ski abnehmen“: durch Nähe und ganz praktische Hilfe zeigen, dass du die Angst verstehst und bereit bist, zu unterstützen.
3. Manchmal braucht es nur einen kleinen Sicherheitsimpuls – und alles wird möglich
Manchmal reicht schon ein kleiner Sicherheitsimpuls, damit sich die Angst in Luft auflöst: ein Harscheisen, das Halt gibt. Ein Impuls der signalisiert: du bist sicher. Das, was du befürchtest, kann nicht passieren. Das kann ein fachliches Training sein, um besser mit der neuen Software klar zu kommen. Oder einfach die Gewissheit, dass du als Führungskraft eine schützende Hand über deine Teammitglieder hältst, wenn Fehler passieren. Finde heraus, was genau die Sorge oder Angst deiner Teammitglieder ist. Und gib ihnen diesen kleinen Impuls, der ihnen das nötige Gefühl von Sicherheit gibt.
4. Positive Erfahrungen helfen, schlechte zu überschreiben
Die Harscheisen haben mir geholfen, die schlechte Erfahrung der vorigen Tour einfach zu überschreiben. Ich war nicht mehr die, die panisch vor dem Anstieg steht. Sondern die, die ganz souverän die knifflige Stelle meistert. Genau das passiert auch in Veränderungs-Prozessen: eine erste, erfolgreiche Erfahrung nimmt die Angst vor der nächsten. Wenn du dein Team mit kleinen „Harscheisen“ ausstattest, werden sie kleine Erfolgserlebnisse haben. Das baut Vertrauen auf und lässt sie mutiger werden, für den weiteren Weg.
Wer sich sicher fühlt, kann mutiger sein.
Wenn du mit deinem Team hohe Gipfel erklimmen willst, dann sorge vor allem dafür, dass deine Teammitglieder sich sicher fühlen können. Wer sich nicht sicher fühlt, wird keine großen Schritte wagen. Finde heraus, was genau für sie das passende „Harscheisen“ ist und sorge für diesen kleinen Sicherheits-Impuls – auch wenn du von außen betrachtet vielleicht findest, dass es das doch gar nicht bräuchte…
Fragst du dich gerade, wie solche Sicherheits-Impulse für dein Team aussehen könnten? Dann lass uns reden. So kannst du mich kontaktieren: