Wann habt ihr euch in eurem Team zuletzt wertschätzendes Feedback oder gar Komplimente gegeben? Ich meine damit nicht ein schnelles „Danke – toll gemacht!“. Sondern eine explizite Rückmeldung dazu, was ihr aneinander schätzt. Also – wann war das zuletzt? Lange her? Oder vielleicht sogar noch nie? Dann habe ich hier eine schnelle und unkomplizierte Übung für euer nächstes Team-Meeting: Das Komplimente wichteln.
Ein Dank an dieser Stelle an Jutta Büttner, die mich mit ihrer Blogparade über Komplimente zu diesem Artikel inspiriert hat.
Warum du das Tool “Komplimente wichteln” in deinem Team anwenden solltest
Positive Rückmeldungen kommen in unserem Alltag oft zu kurz. Der Arbeitsalltag ist meist zu hektisch und wir finden (oder nehmen uns!) die Zeit dazu nicht. Im zunehmend hybriden Arbeitsmodus ist es außerdem auch gar nicht mehr so leicht, mal eben eine positive Rückmeldung zu geben. Bei einem Kaffee oder zwischen Tür und Angel fallen öfter mal Komplimente, als im Online-Meeting-Marathon, der meist nur wenig Pausen zulässt.
Gleichzeitig höre ich immer häufiger von Mitarbeitenden (und auch Führungskräften), dass sie sich mehr Wertschätzung im Arbeitsalltag wünschen.
Grund genug also, sich im Team-Meeting mal ganz bewusst Zeit dazu zu nehmen. Mit der Teamübung “Komplimente wichteln” kannst du das schnell und unkompliziert in ein ganz normales Team-Meeting einbauen.
Anleitung: So geht “Komplimente wichteln“
Das Tool ist hier für eine Präsenzsituation beschrieben (du kannst es aber natürlich auch für den Hybrid oder Online Modus abwandeln). Es eignet sich gut zum Abschluss eines Team-Meetings.
Dauer: je nach Teamgröße ca. 15-30 min; idealerweise am Ende eines Meetings
Das brauchst du: pro Person 1 Blatt Papier (DIN A 4) und einen Stift; wenn du es besonders hübsch haben möchtest: nimm buntes Papier
Vorbereitung:
- Das Team sitzt rund um einen Tisch oder im Kreis
- Verteile je 1 Blatt Papier (DIN A4) und einen Stift an jede Person;
- Bitte dann jedes Teammitglied, das Blatt in der Mitte zusammenzufalten (so dass ein A5 Blatt entsteht, siehe 1. Foto); dann erneut nach oben falten, und noch mal und noch ein weiteres mal (siehe 2. Foto); das dient dazu, dass imaginäre Linien zum Schreiben auf dem Blatt entstehen(siehe 3. Foto)
- Das Blatt dann wieder auseinanderfalten und in die obere Linie den eigenen Namen schreiben (siehe 3. Foto)
- Dann geben alle ihr mit Namen beschriftetes Blatt an die Person rechts neben sich
Und los geht’s mit dem Komplimente wichteln:
- Jetzt schreibt jeder ein Kompliment für die Person auf das Blatt, deren Namen oben auf dem Blatt steht;
- Wichtig: dabei in der zweitletzten Zeile starten (siehe 3. Foto)
- Wer möchte, kann auch seinen Namen als Absender mit dazu schreiben – es darf aber auch anonym bleiben
- Nachdem das Kompliment geschrieben ist, die unterste Zeile umklappen, so dass das Geschriebene verdeckt ist
- Auf Kommando wird dann das Blatt wieder nach rechts weiter gegeben (du kannst den Timer auf 3 Minuten stellen und dann zum Wechseln aufrufen oder einfach schauen, ob alle mit dem Schreiben fertig sind
- Auf dem neuen Blatt schreibt jede Person nun ein Kompliment für die Person, deren Namen nun oben steht
- Und so weiter….bis das Blatt mit dem eigenen Namen wieder bei jedem ankommt
Abschluss:
- Jetzt hat jeder wieder das zusammengefaltete Blatt mit dem eigenen Namen drauf vor sich
- Nun kann jeder für sich seine Komplimente lesen und genießen. Falls jemand das Blatt lieber zu einem späteren Zeitpunkt öffnen und lesen möchte ist auch das ok.
- Es braucht keine weitere Kommentierung – genießt einfach das schöne Gefühl und nehmt es mit in den Teamalltag.
Jeder darf nun entscheiden, ob er/sie die Komplimente direkt lesen möchte, oder lieber mitnehmen und zu einem späteren Zeitpunkt genießen.
Und wenn mir nichts einfällt? Trouble Shooting & hilfreiche Tipps
Wenn ich die Übung mit einem Team durchführe, dann höre ich oft Einwände wie: „Puh – so schnell fällt mir da nichts ein“. Oder: „Wir kennen uns noch gar nicht so lange – da kann ich nix dazu sagen“. Was ich weniger oft höre aber dafür umso deutlicher an den Gesichtern ablesen kann ist: „Boah – Kollege X geht mir so dermaßen auf die Nerven, da fällt mir beim besten Willen nichts ein, was ich dem Positives sagen könnte!“
Deshalb hier noch ein paar hilfreiche Tipps:
Dir fällt nichts ein?
Vielleicht helfen dir diese Formulierungen weiter. Versuche einfach, folgende Satzanfänge zu Ende zu führen.
- Ich schätze an dir, dass…
- Danke, dass du…
- Ich bewundere …
- Ich finde so cool, dass…
- Bitte behalte dir….bei
Denke dabei auch an die ganz normalen, alltäglichen Kleinigkeiten. Die besten Komplimente sind oft die, die vermeintliche Banalitäten aufgreifen. Etwas, was man selbst für so selbstverständlich hält, dass es einen umso mehr umhaut, dass jemand anderes diese Kleinigkeit wertschätzt. Vielleicht grüßt die Person immer besonders freundlich, hat ein offenes Ohr für dich, hilft dir immer geduldig bei IT-Fragen weiter, bleibt cool, wenn alle anderen sich aufregen, etc. Vielleicht sind es auch solche Sachen wie lange Firmenzugehörigkeit, Erfahrungsschatz, etc.
Du kennst die „Zielperson“ noch nicht so lange?
Wenn du die Person noch nicht so lange oder so gut kennst, dann beschreibe deine ersten Eindrücke. Und lade die Person gleich auf ein weiteres Gespräch ein, damit ihr euch besser kennen lernen könnt. Nutze Formulierungen wie:
- Mein erster Eindruck von dir ist, …
- Ich könnte mir vorstellen, dass….
- Ich finde interessant, dass du …. und würde gerne noch mehr darüber erfahren
- Ich frage mich, ob… und würde gerne noch mehr darüber erfahren.
Dir fällt zu der Person leider überhaupt nichts Positives ein?
Dir fällt nichts Positives ein? Dann ist das eine wunderbare Übung, mehr über dich selbst zu lernen und einen Perspektivwechsel zu wagen. Das, was uns nämlich an anderen Personen nervt ist meist das, was wir selbst uns nicht erlauben. Oder wo wir selbst einen blinden Fleck haben.
Wenn du also meinst, dass dir zu der Person überhaupt nichts Positives einfällt, dann gehe wie folgt vor:
- Überlege, was dich an der Person nervt (ist sie zu vorlaut, zu ruhig, zu schnell, zu behäbig, zu egoistisch, zu nachgiebig….?)
- Dann frage dich: wozu ist diese Eigenschaft denn vielleicht auch gut? Welchen Nutzen bringt sie für euer Team?
- Daraus lässt sich doch bestimmt ein Kompliment basteln, oder?
- Wenn jemand in deinen Augen zu ruhig ist könnte daraus werden: „Danke, dass du immer erst mal zuhörst, …..!“ Wenn jemand zu vorlaut ist könnte daraus werden: „Ich finde es bemerkenswert, dass du so mutig und vehement deine Meinung vertrittst“.
Erliege bitte nicht der Versuchung, gleich ein „Aber“ und einen Wunsch hinterher zu schieben. Bei dieser Übung geht es erstmal nur um Komplimente. Aber du kannst auf diesem Kompliment aufbauen und in einem Anschlussgespräch anbringen, was das Verhalten für dich persönlich manchmal schwierig macht und was du dir stattdessen vielleicht manchmal wünschen würdest.
Damit sollten jetzt die meisten Zweifel aus dem Weg geräumt sein. Probiere das Feedback wichteln einfach mal aus und schaue, welche Wirkung es hat. Ich würde mich freuen, wenn du mir anschließend einen Kommentar dazu hinterlässt, wie deine Erfahrungen damit waren.
Liebe Evelyn, ich finde deinen Beitrag super wertvoll. Ich habe das Thema Komplimente als Übung schon seit längerem nicht mehr in einer Gruppe angewandt. Du schreibst, man kann das System auch für online abwandeln. Hast du einen Tipp, wie diese Übung online abgewandelt werden kann? Per Chat privat versenden? Vielen Dank für diesen Blogbeitrag.
Lieben Gruß, Tanja
Liebe Tanja, klasse, dass du die Übung hilfreich findest. Für die Online-Variante kannst du z.B. ein virtuelles Whiteboard nutzen (z.B: Mural) – jedes Teammitglied bekommt dann einen Bereich, in dem die Kolleg*innen die jeweiligen Komplimente hin-pinnen können. Einziger Nachteil: dann können sehen alle, was bereits geschrieben wurde…aber das kann ja auch als Inspiration dienen 🙂