5 Dinge über Leadership, die wir vom Elternsein lernen können

Was ist gutes Leadership? Diese Frage beschäftigt viele Führungskräfte und die Antworten auf diese Frage füllen unendlich viele Bücher. Meine Lieblingsantwort auf diese Frage stammt vom ehemaligen LEGO CEO Jørgen Vig Knudstorp – einem der beeindruckendsten Leader, dem ich je begegnet bin. Vor vielen Jahren stellte ich ihm bei einem Leadership-Seminar die Frage, welchen Rat er mir geben könne, um ein guter Leader zu werden. Seine Antwort überraschte mich.

Er sagte: „Treat them, like you would treat your kids“. (Behandle sie so, wie Du Deine Kinder behandeln würdest).

Ich hatte damals noch keine Kinder und konnte mit diesem Ratschlag nur bedingt etwas anfangen. Aber dieser Satz begann in mir zu arbeiten und hat mich über die Jahre nie wieder losgelassen.

Viele Jahre und 2 Söhne später ist mir dieses Zitat immer noch präsent. Ich habe es in den letzten Jahren zahlreichen Mitarbeitenden, Kolleg*innen, Mentees und Kunden mit auf den Weg gegeben. Denn ich habe über die Jahre immer mehr Parallelen zwischen gutem Leadership und dem Elternsein entdeckt. Und so wurde dieser vermeintlich banale Satz immer wertvoller für mich.

Parallele 1: Sei authentisch


Es gibt unendlich viele Bücher über Leadership und mindestens genauso viele über Kindererziehung. Viele davon sind bestimmt auch gut und man kann sich Ideen und Inspiration holen.

Letztendlich liegt es aber an uns selbst, unseren ganz persönlichen Weg zu finden. Leadership geht nicht nach Lehrbuch, genauso wenig wie Kindererziehung. Es gibt nicht das Schema F mit Checkliste, die man abarbeiten kann, und wenn man alles richtig macht, dann kommt am Ende ein tolles Ergebnis dabei raus.

Es gibt Grundprinzipien, an denen man sich orientieren kann. Aber letztlich muss jede*r den eigenen Stil finden. Der, der den eigenen Werten und der eigenen Persönlichkeit entspricht und der für einen selbst funktioniert. Nur dann ist authentische Führung – von Kindern oder Mitarbeitern – möglich.

Parallele 2: Sei klar


Wenn ich selbst Klarheit darüber habe, was ich will, wohin ich will und warum ich das will, dann kann ich auch anderen mit Klarheit begegnen. Und die können sich daran orientieren.

Wenn klar ist, dass wir im Supermarkt keinen Lolli in der „Quengelzone“ kaufen, dann kann ein Kind das akzeptieren. Wenn klar ist, wie die “Medienzeit“ mit Handy & Co geregelt ist, dann können sich Teenager durchaus damit abfinden. Wenn klar ist, welches Ergebnis ich bis wann von meinen Mitarbeitenden erwarte, dann können die sich darauf einstellen und entsprechend handeln.     

Ohne Klarheit kommt es zu Verwirrung. Und die endet recht häufig in Frust oder Konflikten: warum ist es heute nicht in Ordnung auf dem Handy zu daddeln, wo es gestern doch auch ging? Warum soll ich heute schon wieder den Tisch decken, wo es doch genauso gut meine Schwester machen könnte? Und warum meckert mein Chef, dass mein Vorschlag nicht seinen Erwartungen entspricht, wo er mir vorab doch nur ein sehr vages Briefing gegeben hat? 

Klarheit schmeckt Kindern und Mitarbeitern vielleicht nicht immer. Aber mit Klarheit umzugehen ist viel leichter, als mit Verwirrung.

Parallele 3: Sei konsequent


Die meisten Menschen testen gerne ihre Grenzen aus. Wir alle verstehen klare Ansagen. Aber wenn die nicht zu unseren eigenen Ideen passen, dann probieren wir gerne mal aus, wie ernst die Ansage wirklich gemeint ist. Vielleicht ist da ja doch noch etwas Spielraum?

Gerade kleine Kinder beobachten gerne mal verschmitzt, ob denn eine Reaktion von den Erwachsenen kommt, wenn sie etwas „Unerlaubtes“ tun. Und wenn nicht, freuen sie sich diebisch über den neu gewonnenen Spielraum.

Im Business Kontext erfolgt so eine Spielraumerweiterung auch gerne mal passiv. Man macht halt so weiter wie bisher, weil das viel bequemer ist, als sich auf eine neue Prozedur oder eine neue Verhaltensweise einzulassen. Schließlich hat es bislang auch so gut funktioniert. Und wollen wir doch erst mal schauen, ob das jemandem auffällt.

Oder man denkt schlicht und einfach nicht dran. Genauso wie Kinder oft nicht dran denken, dass die Jacke an den Kleiderhaken gehört und nicht irgendwo auf den Boden. Und was wird wohl passieren, wenn wir als Erwachsene die Jacke dann einfach selbst schnell wegräumen? Weil es schneller geht und weniger anstrengend ist, als konsequent zu sein? Richtig: die Jacke wird garantiert auch weiterhin wieder auf dem Boden landen.

Wann hast du bei der Arbeit zuletzt etwas „schnell“ selbst gemacht, anstatt deinen Mitarbeitenden ein vielleicht unbequemes Feedback zu geben? Oder sie daran zu erinnern, dass ihr eigentlich eine andere Vereinbarung getroffen hattet? Selber machen und nichts sagen ist oft der schnellere, bequemer Weg. Aber der führt leider auf Dauer zu keinem guten Ergebnis.

Klarheit braucht Konsequenz, um wirksam zu sein. Vor allem dann, wenn sich etwas Neues etablieren soll. Ohne Konsequenz wird auch die klarste Ansage verwässert und irgendwann einfach ignoriert oder vergessen.

Parallele 4: Sei ein Vorbild


Manchmal verstehen wir als Führungskräfte nicht, warum sich in unserem Team Verhaltensweisen nicht verändern, obwohl wir es doch schon 100mal gesagt haben, immer wieder Feedback geben und unsere Mitarbeitenden vielleicht sogar schon dafür auf Seminare geschickt haben. 

Und als Eltern verstehen wir manchmal nicht, warum unsere Kinder nicht tun, was wir ihnen schon 100mal erklärt haben.

Die Antwort ist in beiden Fällen recht einfach: wahrscheinlich, weil wir es ihnen nicht vorleben. Mal eben schnell bei Rot über die Fußgänger-Ampel flitzen, und gleichzeitig dem Kind einschärfen, dass es das alleine NIE machen darf. Für eine offene Feedbackkultur plädieren, und sich gleichzeitig für jedes Feedback, das man selbst bekommt direkt rechtfertigen. Erklären, dass Pünktlichkeit ein Zeichen von Respekt ist und gleichzeitig selbst immer wieder zu spät zu Meetings kommen, weil man noch ein wichtiges Telefonat führen musste.  

Wir unterschätzen oft, wie groß unsere Vorbildfunktion ist. Was wir tun und vorleben wiegt sehr viel stärker als das, was wir sagen. Wenn wir A sagen und B tun, brauchen wir uns nicht zu wundern, wenn unsere Mitarbeitenden Ansagen nicht ernst nehmen und stattdessen unser (schlechtes) Verhalten kopieren.

Parallele 5: Sei wohlwollend und wertschätzend


Als Eltern erleben wir immer wieder Situationen, in denen uns unsere Kinder zur Weißglut treiben. Wir ärgern uns, sind genervt und ungeduldig und auch mal richtig sauer. Setzen wir deshalb unsere Kinder vor die Tür? Im Normalfall nicht. Wir verzeihen, sind geduldig und richten den Blick immer wieder wertschätzend auf das Gute. Denn wir lieben sie bedingungslos und wollen nur das Beste für sie, egal wie anstrengend es gerade ist. 

Als Leader brauchen wir eine ähnlich wohlwollende Grundhaltung. Denn auch als Führungskräfte erleben wir oft Situationen, in denen unsere Mitarbeitenden unsere Nerven gehörig strapazieren.

Ein wohlwollender, wertschätzender Blick im Arbeitskontext heißt, dass wir an das Potential und die guten Absichten unserer Mitarbeitenden glauben, auch wenn es auf den ersten Blick vielleicht nicht sichtbar ist. Das heißt, dass wir geduldig sind, verzeihen können, und neue Chance geben.

Wohlwollend und wertschätzend zu sein heißt aber nicht, immer nur nett zu sein. Es heißt nicht, dass man alles weich spülen muss, zu allem ja sagt und alles durchgehen lässt, bloß um niemandem auf die Füße zu treten. Ganz im Gegenteil. Man kann auch wohlwollend und wertschätzend sein, wenn man konsequent ist und ehrliches Feedback gibt. Und die meisten Mitarbeitenden und Kinder, die ich kenne, schätzen diese klare Orientierung.

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