Eine Langhantel mit Extra-Gewichten und zwei blaue Kurzhanteln

Wie bringe ich mein Team aus der Komfortzone?

„Mein Team müsste einfach mal mehr aus der Komfortzone rauskommen!“ Hörst du dich diesen Satz manchmal sagen oder denken? Weil du dir wünschst, dass dein Team auch mal mutig was Neues ausprobiert? Und beherzter anpackt, statt resigniert, wenn unvorhergesehene Probleme vor der Tür stehen? Wie schaffst du es als Führungskraft, dein Team öfter mal aus der Komfortzone heraus zu bewegen?

Eine Scheibe drauf legen – oder lieber in der Komfortzone bleiben?


Ich gehe regelmäßig ins Fitnessstudio. Mein Lieblingskurs heißt „Hot Iron“: ein Langhanteltraining bei dem man in der Gruppe mit motivierender Musik innerhalb einer Stunde die wichtigsten Muskelgruppen von Kopf bis Fuß trainiert. Ich finde das super effizient – und es macht mir deutlich mehr Spaß, als alleine an irgendwelchen Geräten zu trainieren.

Bei diesem Kurs gibt es alle 3 Monate ein neues Programm: das heißt, man trainiert unter Anleitung der Trainerin drei Monate lang die genau gleichen Übungen, in der genau gleichen Reihenfolge, mit der genau gleichen Musik. Das Gewicht, das bei der jeweiligen Übung auf die Stange kommt, bestimmt jeder selbst und kann immer wieder angepasst werden.

Am Anfang eines neuen Programms gibt die Trainerin immer ein paar Hinweise, wie viel Gewicht wir uns für die Übung auf die Stange packen sollen. Wenn die Sequenzen besonders anstrengend sind, dann empfiehlt sie, erst mal mit weniger Gewicht zu starten und dann mit der Zeit zu steigern.

Früher war ich dabei eher vorsichtig: „Lieber mit weniger Gewicht starten und durchhalten, statt unterwegs schlapp machen. Ich kann ja später immer noch eine Scheibe nachlegen“. Nur ehrlich gesagt: mit dem „später eine Scheibe nachlegen“ wurde es meistens nichts. Aus Gewohnheit blieb ich oft bei dem einmal gewählten Gewicht. Es funktionierte ja gut und war auch so schon nicht unanstrengend – warum also was verändern?

Auch im Arbeitsalltag werden wir oft dazu verleitet, in der Komfortzone zu bleiben, statt eine Scheibe drauf zu legen. Es gibt vertraute Routinen, eingespielte Gewohnheiten und gut funktionierende Abläufe. Warum also etwas ändern?

Warum bleiben wir so gern in der Komfortzone?


Wenn etwas funktioniert und wir uns dabei nicht allzu sehr stressen müssen, machen wir gerne genauso weiter. Es läuft ja. Warum also etwas verändern?

Das hat gar nichts mit Faulheit zu tun – sondern mit Wirtschaftlichkeit. Unser Gehirn achtet peinlich genau darauf, dass wir mit möglichst wenig Energieaufwand durchs Leben kommen. Deshalb mag unser Gehirn Routinen. Was immer gleich abläuft, das läuft quasi im Autopilot. Dafür muss unser Gehirn keine extra Denkleistung erbringen und keine extra Energie aufwenden.

Damit wir schön energieschonend unterwegs sind, geht unser Gehirn sogar noch einen Schritt weiter: es signalisiert uns, dass neue, unvorhergesehene Dinge gefährlich sind. Wenn wir uns aus unserer Komfortzone herauswagen, dann schaltet sich sofort die Alarmzentrale im Hirn – die Amygdala – ein, und ruft: „Achtung – Gefahr! Nicht weitergehen! Du weiß gar nicht, was da alles passieren kann!“

Wir bleiben also so gern in unserer Komfortzone, weil es da sicher ist. Und weil unser Gehirn immer schön wachsam ist, dass wir uns nicht in (Lebens-) Gefahr begeben. An sich eine gute Sache.

Aber kommen wir damit auch wirklich vorwärts? Oder treten wir eher auf der Stelle? Rutschen wir dabei vielleicht ganz allmählich sogar ein Stück zurück?

Muskeln wachsen nur, wenn sie gefordert werden – das gilt auch für den Mutmuskel


Muskeln wachsen nur, wenn sie gefordert werden. Und zwar ordentlich gefordert: erst ab einer leichten Überforderung des Muskels sendet unser Körper das Signal, dass neue Muskelfasern gebildet werden sollen. Damit wir beim nächsten Mal besser gerüstet und vor möglichen Verletzungen geschützt sind.

Das gilt für die physischen Muskeln genauso wie die Mutmuskeln, Innovationsmuskeln, Resilienzmuskeln.

Wenn ich also im Fitnessstudio vorankommen will und mehr Kraft aufbauen möchte, dann muss ich raus aus meiner Komfortzone. Dann muss ich mir mehr Gewicht auf meine Langhantel packen, als ich gewohnt bin. Damit gehe ich das Risiko ein, dass es ein bisschen anstrengend werden kann und dass ich mich vielleicht sogar kurzfristig etwas überfordere. Aber mittel- und langfristig werde ich dadurch stärker.

Wenn du möchtest, dass dein Team vorankommt, dann wird es an der ein oder anderen Stelle „eine Scheibe drauflegen“ müssen. Du darfst als Führungskraft dafür sorgen, dass sich dein Team mehr zutraut. Du darfst deinem Team mehr zu-„muten“ – und damit die Mut-, Innovations-, Veränderungsfähigkeitsmuskeln deines Teams stärken.

Entwicklung findet immer außerhalb der Komfortzone statt


Wenn ich mich bei den „Hot Iron“ Stunden im Fitnessraum umsehe, dann frage ich mich häufig, wie es eigentlich sein kann, dass die zierlichsten Frauen die größten Gewichte auflegen. Und diese auch noch scheinbar mühelos stemmen können.

Die Antwort, die ich auf diese Frage gefunden habe, ist eigentlich recht einfach: sie trauen sich einfach mehr zu. Sie legen einfach eine Scheibe mehr drauf, auch wenn’s erst mal anstrengend ist. So bauen sie langsam aber stetig mehr Kraft auf.

Das gilt auch für den Arbeitsalltag: Wachstum und Entwicklung beginnt immer außerhalb der Komfortzone. Wer immer nur dasselbe tut, bewegt sich zwar – aber tritt auf der Stelle. Wer sich nie ein bisschen mehr zutraut, wird nie die positive Erfahrung machen, dass es ja doch viel leichter geht als gedacht.

Du darfst dein Team also ruhig öfter mal aus der Komfortzone schubsen und deinen Teammitgliedern diese positive Lernerfahrung ermöglichen.

Und was, wenn die Herausforderung doch zu groß ist?


Es gibt Menschen, die sind immer auf der Suche nach neuen Herausforderungen und die legen sich selbst die Messlatte immer wieder ein Stück höher. Und es gibt andere, die bleiben lieber bei dem Bewährten und gehen auf Nummer sicher. Denn sie fürchten, dass sie scheitern oder sich überfordern könnten.

Ich habe mir im Fitnessstudio auch immer wieder die Frage gestellt, ob ich mir heute mehr Gewicht auf die Hantel packen sollte. Und sofort waren viele gute Ausreden zur Stelle: „Heute fühle ich mich nicht ganz fit“. „Lieber heute noch mal schauen, ob ich mit dem Gewicht gut durch die Übungen komme – und dann beim nächsten mal“. „Ich will ja diese Woche zweimal trainieren – da ist es besser wenn ich es ein bisschen ruhiger angehen lasse“.

Aber mittlerweile packt mich immer öfter der Ehrgeiz – oder der Mut: ich lege einfach eine Scheibe mehr drauf und schaue, was passiert.

Und siehe da: es geht meist erstaunlich gut. Manchmal ist es etwas anstrengender. Und manchmal spüre ich am nächsten Tag auch einen deutlichen Muskelkater. Aber meistens geht es viel leichter als erwartet. Und ich habe inzwischen gelernt, dass ich deutlich mehr stemmen kann, als ich gedacht hätte.

Wenn es doch mal gar nicht geht, dann ist das auch keine Katastrophe. In solchen Fällen hat die Trainerin einen guten Spruch parat: „Leg das Gewicht weg, wenn es zu schwer ist, aber bleib in der Bewegung.“

Überforderung ist also kein Grund, alles hinzuschmeissen. Es ist eine wertvolle Lernerfahrung: das war jetzt etwas zu viel – also geh ich wieder einen kleinen Schritt zurück. Aber immerhin bin ich ein gutes Stück weiter gekommen.

Wie du dein Team dabei unterstützt, aus der Komfortzone zu kommen


Die Komfortzone ist sicher und bequem. Alles außerhalb der Komfortzone fühlt sich auf den ersten Blick gefährlich und anstrengend an. Ganz normal also, dass viele sich nur ungern aus der Komfortzone herauswagen.

So kannst du dein Team dabei unterstützen, aus der Komfortzone herauszukommen und mutiger zu werden:

  • Wecke die Begeisterung für ein Projekt oder Ziel: wenn wir etwas spannend oder lohnenswert finden, denken wir nicht lange drüber nach, ob irgendetwas auf dem Weg dahin schief gehen könnte.
  • Erleichtere den ersten Schritt: oft sieht eine neue Herausforderung aus wie ein riesengroßer, unüberquerbarer Ozean. Wenn wir aber erst mal den großen Zeh reinstecken merken wir ganz schnell, dass es vielleicht nur eine Pfütze ist, und wir ganz leicht durchgehen können.
  • Mute deinem Team etwas zu: gib deinen Teammitgliedern ganz bewusst eine Aufgabe, die vielleicht eine Nummer zu groß ist. Sag ihnen, dass du ihnen zutraust, dass sie das lösen können.
  • Gib deinem Team das gute Gefühl, dass du hinter ihnen stehst: es ist leichter, sich etwas zuzutrauen, wenn man sich sicher fühlt; wenn dein Team weiß, dass sie sich im Notfall auf dich verlassen können, und dass du die Kohlen aus dem Feuer holst, dann werden sie ganz von selbst mutiger agieren.
  • Lobe Fehler und misslungene Versuche: „Versuch macht klug“ – und kein Entwicklungsprozess geht ohne Fehler vonstatten. Mache deutlich, dass Fehler und Fehlversuche in deinem Team willkommen sind.
  • Feiere Erfolge und mache Fortschritte deutlich: oft wird uns erst im Rückblick deutlich, wie weit wir eigentlich gekommen sind. Feiere auch kleine Erfolge mit deinem Team und zeige immer wieder auf, wie viel Fortschritte ihr schon gemacht habt.

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